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Spondylolisthesis

Synonyme

Spondylolisthese; Olisthese; Wirbelgleiten

Englischer Begriff

Spondylolisthesis

Definition

Instabilität eines Bewegungssegments, bei dem es durch Stabilitätsverlust der Interartikularportion zu einem nach vorn gerichteten Abgleiten eines Wirbelkörpers einschließlich der sich nach kranial anschließenden Wirbelsäule kommt.

Siehe auch Spondyloretrolisthesis und Spondyloptose, Meyerding-Einteilung.

Pathogenese

Ursächlich für das Wirbelgleiten ist ein Stabilitätsverlust der Interartikularportion des Wirbelbogens. Meist liegt eine ein- oder beidseitige angeborene Spaltbildung (Spondylolyse) vor (kongenital dysplastischer Typ mit Elongation des Wirbelbogens). Eine genetische Prädisposition gilt als erwiesen. Ermüdungsfrakturen in diesem Bereich mit anschließender Spondylolisthese (isthmischer Typ) werden bei Leistungssportlern im Kindes- und Jugendalter (z. B. Turnen) diskutiert. Posttraumatische Spondylolisthesen nach Wirbelbogenfraktur sind möglich. Überwiegend ist der fünfte Lendenwirbelkörper betroffen, seltener der vierte Lendenwirbelkörper. In seltenen Fällen kann die Instabilität des Bewegungssegments traumatisch, iatrogen nach Laminektomie oder selten auch durch Tumore hervorgerufen werden.

Symptome

Die Symptomatik ist inkonstant und kann von völliger Beschwerdefreiheit bis zu chronischen Rückenschmerzen reichen. Meist werden tiefsitzende Rückenschmerzen bei längerem Stehen oder Gehen angegeben. Beschrieben werden auch ein Gefühl des „Durchbrechens“ oder pseudoradikuläre Schmerzausstrahlungen in das Gesäß oder die Oberschenkel. Gelegentlich wird auch eine Schwäche der Beine mit Einschränkung der Gehleistung als Symptom angegeben.

Diagnostik

Der klinische Befund kann in ausgeprägten Fällen von einer dorsal erkennbaren Konturunterbrechung des lumbosakralen Übergangs („Sprungschanzenphänomen“) gekennzeichnet sein. Bei der seitlichen Betrachtung imponieren oft eine Hyperlordose der Lendenwirbelsäule sowie eine verstärkte Beckenkippung nach vorn. Lokale Schmerzen bei Erschütterung und Palpation sind möglich. Die Beweglichkeit im Lendenwirbelsäulenbereich kann uneingeschränkt oder schmerzhaft reduziert sein. Allerdings gleicht sich die Hyperlordose bei der Vorneigung des Oberkörpers nicht aus. Auffällig ist meist eine muskuläre Schwäche beim Aufrichten des vorgebeugten Rumpfs. Der Oberkörper wird dann durch Abstützen mit den Händen an den Oberschenkeln unterstützt.

Röntgenologisch kann anhand eines Röntgenbilds in zwei Ebenen das Ausmaß des Ventralgleitens nach Meyerding (Grad 1–4) qua.jpgiziert werden. Dazu wird der kaudale Wirbelkörper in seitlicher Projektion in vier Abschnitte eingeteilt. Grad 1 entspricht einem Abgleiten des darüber liegenden Wirbelkörpers bis zu 25 % des sagittalen Wirbelkörperdurchmessers, Grad 2 bis zu 50 %, Grad 3 bis zu 75 % und Grad 4 über 75 %. Ein vollständiges Abgleiten des Wirbelkörpers wird als Spondyloptose (siehe Spondyloptose, Meyerding-Einteilung) bezeichnet. Schrägaufnahmen der Wirbelsäule sind geeignet, eine Spaltbildung in der Interartikularportion nachzuweisen. Beim selteneren vollständigen Abgleiten des fünften Lendenwirbelkörpers vor das Os sacrum (Spondyloptose, Meyerding-Einteilung) kann röntgenologisch der lumbosakrale Übergang mit Retroversion des Beckens und steilgestelltem Os sacrum imponieren.


Abb. 1.
Spondylolisthese Meyerding Grad 1–2 mit Spaltbildung in der Interartikularportion.

Funktionsaufnahmen der Lendenwirbelsäule in Vor- und Rückneigung können, wenn die Fehlstellung noch nicht fixiert ist, den Gleitprozess darstellen. Mithilfe der Kernspintomographie kann die räumliche Beeinträchtigung des Wirbelkanals beurteilt werden.

Neurologische Defizite sind selten, müssen jedoch dann neurologisch und elektrophysiologisch abgeklärt werden.

Differenzialdiagnose

Pseudospondylolisthesis, Tumore, Spondylidiszitis, Frakturen oder ligamentäre Verletzungen des Wirbelsäulensegments.

Therapie

Die Behandlung der Spondylolisthese kann konservativ erfolgen und überwiegend symptomatisch orientiert sein. Dies gilt umso mehr, da der Gleitprozess in jedem Stadium zum Stillstand kommen kann. Operative Verfahren sind in Abhängigkeit vom Alter bei fortgeschrittenem Abgleiten des Wirbelkörpers, therapieresistenten Beschwerden oder neurologischen Defiziten indiziert.

Akuttherapie

Analgetische Therapie (nicht-steroidale Antiphlogistika, Muskelrelaxantien), Schmerzpunktinfiltrationen, Bettruhe (Stufenbettlagerung).

Konservative/symptomatische Therapie

Nach Abklingen der Akutphase stehen aktive physiotherapeutische Maßnahmen zur Entlordosierung der Lendenwirbelsäule und Aufrichtung des Beckens im Vordergrund. Orthesen sind nur im Zusammenhang mit einer aktiven Kräftigungsbehandlung der Bauch- und Rückenmuskulatur sinnvoll. Symptomatisch kann eine analgetische Strombehandlung durchgeführt werden. Wichtig ist die Konditionierung des Patienten (Gewichtsabnahme) und die Beratung hinsichtlich beruflicher und sportlicher Aktivitäten.

Medikamentöse Therapie

Nicht-steroidale Antiphlogistika, Analgetika, Muskelrelaxantien.

Operative Therapie

Mit der operativen Therapie wird prinzipiell die Reposition des Gleitwirbels mit anschließender dorsoventraler Stabilisation angestrebt. Dies ist meist bei jüngeren Patienten indiziert. Dieser Eingriff wird mit einer Laminektomie des Gleitwirbels (meist fünfter Lendenwirbelkörper) kombiniert. Nach Darstellung der Nervenwurzeln wird die Bandscheibe ausgeräumt und der oft vorhandene Dorn des Sakrums abgetragen, bevor die Reposition instrumentell erfolgen kann. Anschließend kann die interkorporelle Spondylodese von posterolateral oder über einen ventralen Eingriff durch Einbringen von Titankörben (Cages) und Knochenmaterial erzielt werden. Bei älteren Patienten mit geringerer Dislokation kann die Spondylodese auch ohne Reposition erfolgen, wobei hier ebenfalls eine Dekompression des Wirbelkanals und der Lumbalnerven erforderlich ist.

Dauertherapie

Alle Patienten mit Spondylolisthese sind bei symptomatischer Therapie dauerhaft auf eine aktive muskuläre Stabilisation angewiesen. Eine regelmäßige Übungstherapie ist deshalb unverzichtbar. Dies gilt in Grundzügen auch für Patienten mit operativer Reposition und Stabilisation des betroffenen Bewegungssegments.

Bewertung

Die postoperativen Ergebnisse sind hinsichtlich der Schmerzreduktion gut, wenngleich bei 20–30 % der Patienten eine allmähliche Dekompensation des Bewegungssegments L4/L5 zu beobachten ist. Eine Spondylodese des Bewegungssegments L5/S1 hat häufig eine Überbelastung der Iliosakralgelenke zur Folge, was wiederum zu chronischen tiefsitzenden Rücken- und Beinschmerzen führen kann.

Nachsorge

Bei Diagnostik einer Spondylolisthese ist vor allem im Kindes- und Jugendalter eine engmaschige klinische und röntgenologische Kontrolle erforderlich, um ein Fortschreiten des Gleitprozesses diagnostizieren und gegebenenfalls operative Maßnahmen einleiten zu können. Postoperativ ist eine regelmäßige fachärztliche Kontrolle bis zur Ausheilung nach neun bis zwölf Monaten erforderlich.

Autor

Renée Fuhrmann

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