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Schultergelenkluxation, habituelle

Synonyme

Gewohnheitsmäßige Schulterverrenkung; Willkürliche Schulterverrenkung; Schultergelenkinstabilität

Englischer Begriff

Recurrent shoulder dislocation; Unstable shoulder; Shoulder instability

Definition

Auftreten von Schultergelenkverrenkungen ohne adäquates initiales Trauma, meist nach ventral gerichtet, aber häufig mit multidirektionaler Komponente; seltener auch willkürliche Ausrenkungen nach dorsal möglich.

Pathogenese

Pathologisch vergrößertes Gelenkvolumen auf dem Boden einer genetisch bedingten Bindegewebsschwäche oder als Folge wiederholter Mikrotraumata, z. B. durch sportliche Belastung (insbesondere Überkopfsport). In seltenen Fällen angeborene Dysplasien des Glenoids oder Torsionsfehler des Humerus ursächlich.

Symptome

Schmerzhafte Schonhaltung des Arms, meist leicht vom Körper nach vorn abgehoben. Häufig hält der Unfallverletzte den betroffenen Arm mit der gesunden Hand stabil fest, um Schmerzen durch weitere Erschütterungen zu vermeiden. Verstrichene Schulterkontur, bei schlanken Individuen Vorwölbung des Kopfs nach vorn und unten, seltener nach dorsal; leere Pfanne sicht- und tastbar.

Diagnostik

Klinische Diagnostik: schmerzhafte Bewegungseinschränkung, leere Pfanne und meist nach ventral, seltener nach dorsal verschobener Humeruskopf tastbar. Ausschluss einer Axillarisläsion!

Röntgen mit anterior-posteriorer Aufnahme: bei vorderer Luxation Verschiebung des Kopfs nach medial und distal, leere Pfanne. Cave: Bei hinteren Luxationen keine Verschiebung des Kopfs nach kaudal; Kopfkontur verläuft häufig noch parallel zum vorderen Pfannenrand, wird aber durch den hinteren Pfannenrand überdeckt. Aus diesem Grund immer Röntgenaufnahme in der zweiten Ebene erforderlich (streng axial, Y-Aufnahme etc.)! Darstellung von knöchernen Verletzungen (Pfannenrandfraktur, Hill-Sachs-Delle); gegebenenfalls nach Reposition Spezialaufnahmen zur Darstellung individueller Ursachen (angeborene Dysplasien des Glenoids, Torsionsfehler des Humerus etc.) erforderlich.

Computertomographie nur bei röntgenologisch zweifelhaft darstellbaren Verletzungen der knöchernen Pfannenstrukturen sinnvoll.

Kernspintomographisch lassen sich die unterschiedlichen Verletzungen bzw. Ablöseformen der kapsulolabralen Strukturen nur bei Vorliegen intraartikulärer Flüssigkeit (z. B. Einblutungen nach frischer Luxation) sicher beurteilen. Aus diesem Grund ist in allen anderen Fällen die Kontrastmagnetresonanztomographie mit intraartikulärer Flüssigkeitsinstillation zu empfehlen.

Differenzialdiagnose

Ehlers-Danlos-Syndrom.

Therapie

Baldmögliche Reposition, je nach Alter des Patienten sowie sportlicher bzw. beruflicher Belastung operative Stabilisierung unter Berücksichtigung der individuellen anatomischen Ursachen der Instabilität (z. B. Kapsel-Band-Laxität, angeborene Dysplasien des Glenoids oder Torsionsfehler des Humerus).

Akuttherapie

Analgesie, Röntgenkontrolle (auch aus juristischen Gründen zum Nachweis einer schon vor der Reposition bestehenden knöchernen Verletzung erforderlich!).

Reposition gegebenenfalls in Kurznarkose, je nach Häufigkeit vorheriger Luxationen möglicherweise auch ohne Sedierung möglich.

Konservative/symptomatische Therapie

Nach Reposition kurzfristige Ruhigstellung, z. B. im Gilchrist-Verband.

Medikamentöse Therapie

Analgetika, Antiphlogistika.

Operative Therapie

Arthroskopische oder offene Straffung der Kapsel und der glenohumeralen Ligamente in Verbindung mit einer anatomischen Wiederherstellung der kapsulolabralen Insertion. Präoperativ immer Abklärung eventuell vorliegender anatomischer Ursachen in der knöchernen Gelenkgeometrie erforderlich, gegebenenfalls operative Mitbehandlung derselben (z. B. Pfannenvergrößerung durch Anlage eines Spans, subkapitale Korrekturosteotomie bei Vorliegen von Torsionsfehlern etc.).

Dauertherapie

Muskelkraft- und Propriozeptionstraining, insbesondere der dorsalen Muskelgruppen, unter krankengymnastischer Anleitung zum Heimtraining.

Bewertung

Die operative Behandlung der habituellen Schultergelenkinstabilitäten sollte die individuell vorliegende Pathologie korrigieren, um möglichst exakt die normale Anatomie wiederherzustellen. Dazu gehört die Beurteilung der Weichteilstrukturen wie die der knöchernen Geometrie. Eine solche individuell ausgerichtete Behandlungsstrategie führt auch bei atraumatisch aufgetretenen Luxationen zu stabilen Ergebnissen.

Nachsorge

Temporäre Bewegungslimitierung, insbesondere unter Vermeidung von Abspreiz- und Außenrotationsbewegungen (Luxationsmechanismus), nach Angabe des Operateurs.

Autor

Casper Grim

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