Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Medianuskompressionssyndrome
Median nerve compression syndrome
Schädigung des N. medianus durch Druck an anatomischen Engstellen.
Pronator-teres-Syndrom: chronische mechanische Reizung des Nervs beim Durchtritt durch den M. pronator teres, wo sich bisweilen ein fibröses Band zwischen M. pronator teres und M. flexor digitorum superficialis befindet.
Interosseus-anterior-Syndrom (Kiloh-Nevin-Syndrom): 50 % der Fälle spontan, symptomatisch, fibröse Bänder, sehniger Rand des M. flexor digitorum superficialis, Zustand nach Unterarmbrüchen oder akut Frakturen.
Karpaltunnelsyndrom: häufigste Läsion des N. medianus am Handgelenk (Inzidenz: Männer 52 / 100.000, Frauen 149 / 100.000); Kompression des N. medianus unter dem Retinaculum flexorum im fibrösen Karpaltunnel; begünstigend wirken das Vorliegen einer rheumatoiden Polyarthritis (10 % der Patienten mit Karpaltunnel), Amyloidose, Anomalien im Bereich des Handgelenks, metabolische oder hormonelle Faktoren wie Menopause, Schwangerschaft, Akromegalie, Diabetes, Gicht und Urämie.
Pronator-teres-Syndrom: Schmerzen in Streckstellung des Arms, Parästhesien, Muskelkrämpfe und Schmerzen; motorische Schwäche insbesondere der Daumenmuskulatur, nicht der Pronation; Druckschmerz über M. pronator teres und häufig am Daumen; Schmerzverstärkung durch Pronation des Unterarms gegen Widerstand. In der Literatur wurden auch Fälle von Schreibkrämpfen berichtet, die auf ein Pronator-teres-Syndrom zurückzuführen waren.
Interosseus-anterior-Syndrom: Unfähigkeit Endglieder des Daumens und des Zeigefingers (selten Mittelfinger) zu beugen; Patient kann kein O mit Daumen und Zeigefinger formen, keine sensiblen Störungen.
Karpaltunnelsyndrom: Brachialgia paraesthetica nocturna, wenige Stunden nach dem Einschlafen Schwellungs- und Spannungsgefühl der Hände und Finger; Schmerzerleichterung durch Schütteln der Hände und schnelles Strecken und Flektieren; im Verlauf auch tagsüber Schmerzen, Sensibilitätsstörung an Daumen und Zeigefinger, feines Zugreifen erschwert, motorische Schwäche der Thenarmuskulatur, Thenaratrophie.
Provokationstests durch Beklopfen des Karpaltunnels: Parästhesien in den Fingerspitzen der radialen Finger (positives Hoffmann-Tinel-Zeichen); Aufblasen einer Druckmanschette zum Erzeugen einer Ischämie, Phalenzeichen: passive Palmarflexion oder Dorsalextension des Handgelenks mit gestreckten Fingern; Aussagewert der Tests nicht sicher belegt.
Elektromyographie/Nervenleitgeschwindigkeit: Nachweis einer verzögerten motorischen Latenzzeit zur Thenarmuskulatur und Verzögerung der sensiblen Leitgeschwindigkeit im distalen Segment.
Radikuläre Schmerzen, untere Plexusläsionen, Durchblutungsstörungen.
Interosseus-anterior-Syndrom und Karpaltunnelsyndrom: Ruhigstellung, Physiotherapie, antiphlogistische Therapie.
Karpaltunnelsyndrom: lokale Kortikoidinjektion von 25 mg Hydrokortison oder orale Prednisolontherapie, wobei Dosis und Dauer der Therapie je nach Autor stark variieren; Effekt der Kortisontherapie gegenüber Placebo bewiesen; lokale Therapie effektiver als orale Therapie.
Pronator-teres-Syndrom und Interosseus-anterior-Syndrom: Neurolyse und Durchtrennung der fibrösen Bänder (seltene Operation).
Karpaltunnelsyndrom: Durchführung einer offenen oder endoskopischen Technik mit dem Ziel der kompletten Durchtrennung des Retinaculum flexorum. Eine innere Neurolyse des Nervs wurde bei schweren Schädigungen in der Vergangenheit durchgeführt, wurde wegen negativer Resultate wieder verlassen. Epineurektomie bei starker Einschnürung des Nervs mit Verdickung des Epineuriums; Lösung von Adhäsionen zwischen Wand des Karpaltunnels und Nerv . Die beiden letzteren Maßnahmen sind nur bei offener Operation möglich.
Komplikationsrate bei Karpaltunneloperation : 1 % Nervenschädigungen.
Pronator-teres-Syndrom und Interosseus-anterior-Syndrom: Ruhigstellung für drei Wochen, Physiotherapie bei operativer Therapie.
Karpaltunnelsyndrom: Ruhigstellung für drei Wochen bei offener, eine Woche bei endoskopischer Operation, Physiotherapie.