Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Gefäßanomalien

Synonyme

Gefäßfehlbildung; Vaskuläre Malformation

Englischer Begriff

Vessel anomalies; Vascular malformation; Vascular anomalies

Definition

Eine Störung der Gefäßentwicklung. Unterschieden werden vaskuläre Malformationen von den Hämangiomen und Gefäßtumoren sowie weiteren seltenen Erkrankungen.

Vaskuläre Malformationen sind verursacht durch eine Störung bei der Blut- oder Lymphgefäßentwicklung vor Geburt. Vaskuläre Malformationen wachsen üblicherweise proportional mit dem Kind, obwohl rasches Wachstum gelegentlich auftreten kann. Ohne Behandlung entwickeln sich vaskuläre Malformationen nicht zurück. Es gibt verschiedene Malformationen in Abhängigkeit von der überwiegenden Fehlbildung: kapilläre Malformationen, lymphatische Malformationen, venöse Malformationen, arteriovenöse Malformationen und kombinierte Malformationen. Vaskuläre Malformationen werden des Weiteren unterteilt in Abhängigkeit von den Fließeigenschaften. Die zwei Hauptkategorien sind langsam fließende Malformationen (Low-flow-Anomalien) und schnell fließende Anomalien (High-flow-Anomalien).

Pathogenese

Von den High-flow-Anomalien (arteriovenöse Malformationen oder arteriovenöse Fisteln) werden die Low-flow-Anomalien (venöse Malformationen bzw. kavernöse Hämangiome, lymphatische Malformationen, lymphatisch-venöse Malformationen oder kapilläre Malformationen) und die kombinierten Syndrome (Klippel-Trénaunay-Syndrom, Parkes-Weber-Syndrom, Proteus-Syndrom, Maffucci-Syndrom, Blue-rubber-bleb-nevus-Syndrom, Cobb-Syndrom) unterschieden. Zu den seltenen vaskulären Malformationen zählen der Sinus pericranii, glomovenöse Malformationen und das Bannayan-Riley-Ruvalcava-Syndrom.

Eine Gefäßanomalie kann eine oberflächliche Erscheinung auf der Haut darstellen (z. B. Couperose, Äderchen, Spider naevus, Besenreiser, Blutschwämmchen, Feuermale) oder auch tiefer im Körper (z. B. arteriovenöse Malformationen, Shunts, Angiome, Angioblastome usw.) aufreten.

Koronare Gefäßanomalien gehören im weitesten Sinne auch zu den Gefäßanomalien. Sie finden sich in verschiedenen Varianten. Dazu gehören u. a. der offene Ductus Botalli, die Aortenisthmusstenose, arteriovenöse Malformationen.

Venöse Gefäßanomalien finden sich als Kavernome, kavernöse Hämangiome oder Teleangiektasien. Arterielle Gefäßanomalien sind meist Aneurysmen oder Fisteln.

Die internationale Studiengruppe für Gefäßanomalien (ISSVA) bevorzugt seit 1992 die Bezeichnung vaskulärer Tumor anstelle des Begriffs Hämangion. Die reinen Gefäßmalformationen werden davon unabhängig gesehen und sollten nicht damit vermengt werden.

Symptome

Bevor eine klinische Symptomatik in Erscheinung tritt, findet sich meist eine äußerliche Auffälligkeit der venösen Malformation.

Diagnostik

An erster Stelle steht die körperliche Untersuchung, ergänzend Ultraschall, Angiographie, Angiocomputertomographie, digitale Subtraktionsangiographie, Magnetresonsanzangiographie oder Phlebographie in Abhängigkeit von Diagnose, klinischem Befund, Lokalisation und Krankheitsverlauf.

Differenzialdiagnose

Die Differentialdiagnose variiert in Abhängigkeit von dem jeweiligen Krankheitsbild.

Therapie

Die Therapie ist abhängig von der zugrunde liegenden Ursache. Daher ist das Spektrum von Kortisontherapie, Lasertherapie bis hin zum chirurgischen Vorgehen breit gefächert.

Nachsorge

Klinische Verlaufskontrollen empfehlen sich in regelmäßigen Abständen.

Autor

Johannes Mortier