Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Morbus Garré; Garré-Krankheit
Garré’s disease
Sehr schleichend verlaufende Infektion mit Knochenneubildungen, Verdickung und Strukturverdichtung im Schaft eines langen Röhrenknochens (vorrangig der unteren Extremität).
Auslöser für die Osteomyelitis sclerosans Garré ist immer ein infektiöses bakterielles Geschehen. Inwieweit der chronische Verlauf durch eine persistierende Infektion oder durch sich selbst unterhalten wird, ist nicht klar. Betroffen sind die langen Röhrenknochen der unteren Extremität, aber auch ein Befall der Kieferknochen, der Klavikula und des Ileums sind beschrieben.
Typisch ist der schleichende klinische Verlauf. Es werden gelegentliche Schmerzen im Bereich des betroffenen Knochens angegeben. Sowohl Ruhe- als auch Belastungsschmerzen sind möglich. Häufig treten Nachtschmerzen auf. Klinisch zeigt sich häufig ein Klopfschmerz über dem betroffenen Areal sowie ein Stauchungsschmerz. Bei größeren Herden ist eine Auftreibung des Knochens tastbar und eine Überwärmung der Haut möglich.
Nativradiologisch zeigt sich eine starke diffuse Sklerosierung und Auftreibung der Kortikalis mit unregelmäßiger Strukturierung. Die Markhöhle ist häufig nicht abzugrenzen und scheint von der Sklerose durchsetzt. Die subperiostale Kortikalisstruktur ist unregelmäßig und verdichtet. Das Periost erscheint abgehoben. Im Magnetresonanztomogramm ist der erkrankte Knochenbezirk sowohl in der T1- als auch in der T2-Sequenz signalarm. In der Skelettszintigraphie zeigt sich vor allem in der Spätphase eine vermehrte Radionuklidaufnahme. Sowohl Magnetresonanztomographie als auch Szintigraphie können als ergänzende Diagnostik zur Bestimmung der exakten Ausdehnung des Prozesses sowie zur Differentialdiagnose eingesetzt werden. Ein Erregernachweis gelingt nur selten. Laborchemisch ist die BSG häufig beschleunigt, bei normalen CRP-Werten.
Osteoidosteom, eosinophiles Granulom, Knochenlues, Sarkom, seronegative rheumatoide Erkrankungen wie palmoplantare Pustulose, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa (zusammen als SAPHO-Syndrom beschrieben).
Chirurgisch
Gegebenenfalls Analgetika beschwerdeadaptiert.
Antibiotische Therapie bei Beschwerden und Entzündungszeichen. Die Antibiotikatherapie führt meist nur befristet zu Beschwerde- und Symptomreduktion, in der Regel jedoch nicht zur Ausheilung.
Für die Therapie gibt es kein Standardverfahren. In Einzelfällen kann die Biopsie mit lokaler Fenestrierung und Eröffnung des Markraums zur kompletten Remission ausreichen. In anderen Fällen führt erst eine komplette Segmentresektion und Defektrekonstruktion zum Erfolg. Prinzipiell muss eine Revaskularisierung des pathologischen Knochens von periostal und medullär möglich gemacht werden, wenn der befallene Knochenbezirk nicht vollständig entfernt wird. Dieses Ziel ist durch Aufbohren des Markraums (Alésage) oder ausgedehnte longitudinale Fenestrierung (Saucerisation) zu erreichen.