Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Spinaler Schock

Synonyme

Rückenmarkschock; SCIWORA

Englischer Begriff

Spinal cord injury without radiographic abnormality (SCIWORA)

Definition

Plötzlicher Ausfall sämtlicher oder bestimmter motorischer, sensorischer und vegetativer Funktionen nach einer Verletzung des Rückenmarks. Bei ausschließlicher Prellung des Rückenmarks ohne Vorliegen struktureller Verletzungen ist der spinale Schock vorübergehend.

Pathogenese

Frakturen der Wirbelsäule verursachen eine stumpfe Rückenmarkverletzung, während Stich- oder Schussverletzungen zu einer penetrierenden Rückenmarkverletzung führen. Jedoch kann es – ähnlich der Gehirnerschütterung – im Rahmen eines Traumas auch zu einem Funktionsverlust des Rückenmarks ohne nachweisbare strukturelle Schädigungen kommen, was jedoch in der Regel reversibel ist. Einen Spezialfall stellt die Verletzung des Rückenmarks beim Kind dar (Spinal cord injury without radiographic abnormality), bei der radiologisch keine Verletzungen der Wirbelsäule erkennbar ist, aber durch Überdehnung oder Quetschung des Rückenmarks ein spinaler Schock hervorgerufen wird.

Symptome

Unterhalb des geschädigten Segments besteht eine komplette schlaffe Parese aller Muskelgruppen, die Sensibilität ist für alle Qualitäten (Berührung, Lageempfindung, Vibration, Schmerz, Temperatur) aufgehoben. Blasen- und Mastdarmfunktion sind aufgehoben, beim Mann kann eine Spontanerektion vorliegen. Bei Fehlen struktureller Schädigungen des Rückenmarks bildet sich der spinale Schock innerhalb einiger Tage zurück und sämtliche Funktionen werden wieder hergestellt. Wenn jedoch eine strukturelle Verletzung des Rückenmarks vorliegt, bildet sich eine komplette oder inkomplette Querschnittslähmung mit Spastizität und spinalen Automatismen aus.

Diagnostik

Polytraumatisierte Patienten werden zunächst nach den ATLS-Prinzipien versorgt, was neben der Sicherung lebenswichtiger Funktionen eine eingehende körperliche Untersuchung einschließlicher orientierender neurologischer Untersuchung beinhaltet. Auch der nicht-polytraumatisierte Patient mit einem Trauma der Wirbelsäule wird eingehend körperlich untersucht. Bei anamnestischem oder klinischem Verdacht auf eine Verletzung des Rückenmarks – mit oder ohne Wirbelsäulenfraktur – wird neben der nativradiologischen Diagnostik ein Computertomogramm der Wirbelsäule angefertigt. Fehlen knöcherne Verletzungen trotz Vorliegen neurologischer Symptome, muss eine Kernspintomographie mit der Fragestellung struktureller Schädigungen des Rückenmarks (Ödeme, Einblutungen) angeschlossen werden.

Differenzialdiagnose

Therapie

Siehe Rückenmarkverletzung.

Nachsorge

Siehe Rückenmarkverletzung.

Autor

Nils Hailer