Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Gigantismus

Synonyme

Akromegalie; Riesenwuchs; Hypophysärer Riesenwuchs; Proportionierter Riesenwuchs

Englischer Begriff

Gigantism; Acromegaly

Definition

Der Gigantismus entsteht durch einen Hypophysentumor (gutartig), der vermehrt und unkontrolliert Wachstumshormon ausschüttet. Zu unterscheiden ist die präpubertäre Hypersekretion von Wachstumshormon, die durch exzessives Epiphysenwachstum mit proportioniertem Riesenwuchs als Gigantismus imponiert. Mit Abschluss der Pubertät führt die Hypersekretion von Wachstumshormon zu vermehrten akromegalen Veränderungen, die auch als akromegaler Gigantismus bezeichnet werden (acro, gr.: Extremität, megalo, gr.: groß).

Siehe auch Akromegalie.

Pathogenese

Der Gigantismus ist eine seltene Erkrankung mit einer Inzidenz von ca. drei bis vier neuen Erkrankungen pro eine Million Einwohner pro Jahr und einer Prävalenz von ca 40–70 Patienten pro eine Million Einwohner. Die Hirnanhangdrüse liegt nicht innerhalb des Gehirns, so dass es sich bei dem hypophysären Riesenwuchs nicht um einen Gehirntumor handelt.

Symptome

Folgen des Wachstumshormonüberschusses sind eine Größenzunahme von Händen, Füßen, Nase, Lidwülsten, Kinn und Kopfumfang. Mütze und Hut passen nicht mehr, Schuh- und Handschuhgröße nehmen zu. Auch das Gebiss kann sich verändern. Kopfschmerzen treten bedingt durch Veränderungen am Schädelknochen auf. Gelenkbeschwerden, das Schlafapnoesyndrom, Bluthochdruck, erhöhte Blutzuckerspiegel, Sehfeldeinschränkungen und hormonelle Störungen (Geschlechtshormonmangel, Nebennierenrindenhormonmangel, Schilddrüsenhormonmangel, Galaktorrhoe bei Hyperprolaktinämie) können ebenfalls auftreten.

Diagnostik

Neben der klinischen Untersuchung (Größenzunahme, Kopfschmerzen, Gelenkbeschwerden) erfolgt bei Verdacht auf einen Gigantismus bzw. eine Akromegalie eine endokrinologische Abklärung. In der Regel gehört dazu das Wachstumshormon IGF-1, ein Glukosetoleranztest und gegebenenfalls ein Insulin-Hypoglykämie-Test. Zur Tumorsuche empfiehlt sich in der Regel eine Kernspintomographie. Augenärztlich erfolgt eine Gesichtsfeldausmessung (z. B. Scheuklappenphänomen). Weitere Untersuchungen sind zum Ausschluss einer Herzrhythmusstörung ein EKG, ein 24-h-EKG, Echokardiogramm, Röntgen des Thorax, Lungenfunktion, Koloskopie (Polypenabklärung), Schilddrüsenultraschall und eine Schilddrüsenhormonabklärung.

Differenzialdiagnose

Die Differentialdiagnose kann in Abhängigkeit von den bestehenden Symptomen variieren.

Therapie

Obwohl der Tumor primär nicht bösartig ist, nimmt er meist an Größe zu und kann verdrängend wachsen. Dadurch können Folgeprobleme auftreten. Daher bedeutet eine frühe Therapie in der Regel auch einen günstigeren weiteren Verlauf. Es kann neurochirurgisch, gegebenenfalls auch strahlentherapeutisch und auch medikamentös Einfluss genommen werden.

Autor

Johannes Mortier