Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Malleolarfraktur; Knöchelfraktur
Ankle fracture; Malleolar fracture
Fraktur der Malleolengabel außerhalb der tragenden Hauptgelenkfläche: medialer Malleolus, lateraler Malleolus, Volkmann-Dreieck, Tuberculum Tillaux-Chaput, Tuberculum Wagstaffe-LeFort.
Der Verletzungsmechanismus ist eine Distorsion/Rotation des Sprunggelenks. Lauge-Hansen teilt die ossären und ligamentären Verletzungen am Sprunggelenk nach Art des Verletzungsmechanismus in Pronations-, Supinations-, Eversions- und Inversionsverletzungen ein. Diese Klassifikation ist bedeutend für das Verständnis der Verletzung, hat sich jedoch im Klinikalltag wenig durchgesetzt. Abzugrenzen von den Sprunggelenksfrakturen sind die Frakturen des Pilon tibiale, welche durch ein axiales Stauchungstrauma entstehen und eine schlechtere Prognose haben.
Schmerzen, Schwellung, Hämatom, Druckdolenz, Bewegungseinschränkung.
Konventionelles Röntgen in zwei Ebenen genügt in der Regel zur sicheren Diagnose. Bei kleinen Fragmenten, Trümmerbrüchen kann im Sonderfall ein Computertomogramm zur präoperativen Planung hilfreich sein.
Bandverletzungen des Sprunggelenks, Frakturen des Talus, des Kalkaneus und der Os-metatarsale-V-Basis (siehe Fraktur nach Weber (A, B, C); Supinationstrauma).
Die operative Therapie hat durch bessere Langzeitergebnisse die konservative Therapie bis auf wenige Ausnahmen zurückgedrängt.
Innerhalb von ca. zehn Stunden nach Unfall ist die lokale Schwellung durch ein freies Hämatom bedingt. Eine Operation zur Fixation entlastet die Schwellung und gefährdet daher nicht die Wundheilung. Nach zehn Stunden ist die Schwellung meist diffus im Weichteilgewebe verteilt und eine Operation muss verschoben werden. Das Sprunggelenk wird in einer Schiene ruhig gestellt, gekühlt und hoch gelagert. Üblicherweise sind die Weichteile nach ca. fünf bis acht Tagen abgeschwollen und eine offene Reposition und interne Fixation können durchgeführt werden.
Instabile Luxationsfrakturen benötigen primär sobald wie möglich eine Reposition. Allgemein anerkannt ist ein zweizeitiges Vorgehen mit Reposition und Retention mit Fixateur externe im akuten Zustand. Nach Beruhigung der Weichteile erfolgt die definitive Therapie mit offener Reposition und interner Osteosynthese.
Selten indiziert bei anspruchslosen Patienten, mit hohem operativen Risiko.
Bei fehlender Dislokation der Fragmente stellt die konservative Therapie eine Alternative zur Operation dar. Jedoch entfällt bei stabilen Malleolarfrakturen die Option zur frühen funktionellen Therapie mit besserem funktionellem Endergebnis.
Nicht-steroidale Antiphlogistika zum Abschwellen und zur Analgesie.
Laterale Malleolarfakturen siehe Frakturen, nach Weber (A, B, C).
Mediale Malleolarfrakturen: Avulsions- oder Abscherfrakturen. Kleinere Avulsionsfrakturen können gut geschlossen oder offen reponiert werden und mit Kirschner-Draht und Zuggurtungsosteosynthese stabilisiert werden. Größere Frakturen des medialen Malleolus werden offen reponiert und mit zwei parallelen Zugschrauben, gegebenenfalls mit Unterlegscheibe, fixiert.
Frakturen des Volkmann-Dreiecks können meist geschlossen reponiert werden. Wenn die Größe des Fragments im Seitenbild über 20 % der tibiotalaren Gelenkfläche einnimmt, besteht die Indikation zur Fixierung. Mögliche Techniken sind die Fixierung mit Schraube(n) von anterior nach posterior, welche das Fragment an die Tibia ziehen, oder mit posterior-anterioren Schrauben oder antiglide Platte, welche das Volkmann-Dreieck gegen die Tibia drücken.
Knöcherne Avulsionen der vorderen Syndesmose, wie die Fraktur des Tuberculum Tillaux-Chaput der Tibia und die Fraktur des Tuberculum Wagstaffe-LeFort der Fibula, werden mit einer Kleinfragmentschraube im Defekt refixiert.
Anzustreben ist eine möglichst anatomische Wiederherstellung der Gelenkfläche und der Kongruenz der Malleolengabel. Bereits geringe Abweichungen führen zu großem Verlust der korrespondierenden Gelenkkontaktflächen von Tibia und Talus, damit über eine Erhöhung der wirksamen Spitzenkräfte im Gelenk zur einseitigen Abnützung und zur posttraumatischen Fehlstellung und Arthrose. Auch nicht-dislozierte Frakturen mit der Möglichkeit zur konservativen Therapie werden vermehrt operiert, da durch eine interne Fixierung ein frühes funktionelles Rehabilitationsprogramm durchführbar und das operative Risiko vernachlässigbar sind.
Nach isolierten Malleolarfrakturen vom Typ Weber A oder Weber B kann nach Abschwellen der Weichteile eine frühe funktionelle Therapie mit aktiver Bewegung im oberen Sprunggelenk und Abrollbelastung im Stabilschuh mit Sohlenkontakt ohne Belastung durchgeführt werden. Bei fraglicher Compliance wird ein Gehgips statt Stabilschuh gewählt. Nach vier bis sechs Wochen und klinisch und radiologisch regelrechter Heilung erfolgt der Übergang zur Vollbelastung nach Maßgabe der Schmerzen. Bei erreichter Vollbelastbarkeit wird mit Physiotherapie zur Verbesserung der Koordination, Propriozeption und Muskelstärke begonnen. Eine Metallentfernung ist bei dünnem Weichteilmantel häufig erwünscht, wird in der Regel aber nicht vor neun Monaten postoperativ durchgeführt.
Kombinierte Verletzungen von Lig, deltoideum, medialem Malleolus oder Volkmann-Dreieck und Fibula (Weber B, Weber C) werden eher im Gehgips immobilisiert. Stellschrauben verlangen eine strenge Entlastung mit maximalem Sohlenkontakt für vier bis sechs Wochen postoperativ bis zur Entfernung der Schrauben in Lokalanästhesie. Im Anschluss folgt das oben angegebene Rehabilitationsprogramm.