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Syndesmosenruptur

Synonyme

Syndesmosenverletzung

Englischer Begriff

Tear of the syndesmosis of the ankle; Sprain of the syndesmosis of the ankle; Rupture of the syndesmosis of the ankle

Definition

Zerreißung eines Teils oder der gesamten distalen tibiofibulären Syndesmose. Bestandteile der Syndesmose sind: Lig. tibiofibulare anterior inferior, Lig. tibiofibulare posterior inferior und Lig. tibiofibulare interosseum.

Pathogenese

Forcierte Außenrotation des Talus bis zur Sprengung der Malleolengabel.

Symptome

Syndesmosenverletzung bereiten Schmerzen bei Belastung des Sprunggelenks. Lokale Druckdolenz, Schwellung und Stresstests wie Eversions-, Außenrotations- und Syndesmosenkompressionstest geben einen Hinweis auf das Ausmaß der Verletzung.

Diagnostik

Konventionelle Röntgenbilder und Computertomographie:

Der normale Abstand von Fibula zu Tibia liegt unter 6 mm in der Anterior-posterior- oder der Mortise-Aufnahme des Sprunggelenks. Zudem kommt es in der Mortise-Aufnahme zu einer Überlagerung von Fibula und Tibia von über 6 mm.

Bei fehlender Belastung während der Aufnahme können eine Fraktur des Sprunggelenks und eine Luxation der Fibula ausgeschlossen werden, nicht jedoch eine dynamische Instabilität der Syndesmose. Dazu benötigt man Röntgenaufnahmen unter Belastung. Alternativ können gehaltene Aufnahmen mit forcierter Talusaußenrotation angefertigt werder, um die Instabilität der Syndesmose zu demonstrieren.

Bei Dislokation der Fibula oder ossärem Ausriss der vorderen oder hinteren Syndesmose kann eine Computertomographie für die präoperative Planung hilfreich sein.

Differenzialdiagnose

Klinisch kommen alle Verletzungen eines Sprunggelenkdistorsionstraumas in Frage: Sprunggelenkfraktur; Supinationstrauma; Außenbandruptur, Sprunggelenk.

Therapie

Akuttherapie

Initial ist eine konservative Therapie mit Entlastung, Hochlagern, Kühlung und Antiphlogistikagabe angezeigt. Die weitere Therapie richtet sich nach dem Ausmaß der Verletzung, welche durch Symptome und Röntgendiagnostik bestimmt wird, und der Therapie für Außenbandrupturen am Sprunggelenk von Grad I und II gleicht (siehe Tabelle 1).


Tabelle 1.
Einteilung der Syndesmosenverletzungen am oberen Sprunggelenk.

Grad

Verletzung

Anamnese

Befund

I

Dehnung

Gehen schmerzfrei

milde Schwellung, stabiles oberes Sprunggelenk

II

Zerrung

Gehen schmerzhaft

moderate Schwellung, stabiles oberes Sprunggelenk

III

Ruptur

Gehen unmöglich

starke Schwellung, instabiles oberes Sprunggelenk


Konservative/symptomatische Therapie

Für Grad I und II wird die gleiche Therapie wie für Außenbandrupturen am Sprunggelenk angewendet (siehe Außenbandruptur, Sprunggelenk).

Eine gesprengte Syndesmose von Grad III, bei der die Fibula belastet luxiert, aber unbelastet in Reposition verbleibt, wird ein verlängertes konservatives Regime durchgeführt. Ein Unterschenkelgehgips oder abnehmbarer Brace und Mobilisation mit Sohlenkontakt ohne Belastung für sechs bis zehn Wochen werden empfohlen. Gipsfreie Belastung und Funktionstraining beginnen bei fehlender lokaler Druckdolenz und schmerzfreiem Außenrotation-Stress-Test des Talus. Bei erreichter Vollbelastbarkeit schließt sich ein physiotherapeutisches Programm an, wie bei Bandläsionen am Sprunggelenk (siehe Außenbandruptur, Sprunggelenk).

Medikamentöse Therapie

Siehe Außenbandruptur, Sprunggelenk.

Operative Therapie

Bei offensichtlicher Dislokation der Fibula sind eine geschlossene oder offene Reposition und Schraubenfixierung der Fibula in der Inzisur erforderlich. Bei offener Reposition wird das Lig. tibiofibulare anterior inferior dargestellt und mit resorbierbaren Fäden genäht. Ein oder zwei 3,5-mm- oder 4-mm- Schrauben werden von lateral 2–4 cm oberhalb und parallel zur tibiotalaren Gelenklinie, ca. 10–20° nach ventral gerichtet eingebracht. Die Schrauben werden nicht als Zugschrauben verwendet, um einen Überdruck und eine Synostosenausbildung zwischen Tibia und Fibula zu vermeiden. Im Allgemeinen reichen drei Kortikalisschrauben zur Stabilität aus, im Zweifel werden vier benutzt. Der Erfolg der Reposition wird durch die gesunde Syndesmose der Gegenseite beurteilt. Die Differenz sollte nicht größer als 2 mm sein. Falls möglich, kann durch ein intraoperatives Computertomogramm mit dem ISO-C 3D eine Fehllage festgestellt und korrigiert werden. Im Kadaverexperiment haben Fehlstellungen von 1 mm gezeigt, dass sich die korrespondierende tibiotalare Gelenkfläche um ca. 40 % verkleinert, was zur Überlastung der verbliebenen Gelenkfläche führt.

Bei ossären Ausrissen der vorderen oder hinteren Syndesmose empfiehlt sich ein Computertomogramm zur Evaluation der Dislokation. Dislozierte ossäre Avulsionen des Lig. tibiofibulare anterior inferior an der Fibula (Tuberculum Wagstaffe-LeFort) oder an der Tibia (Tuberculum Tillaux-Chaput) und des Lig. tibiofibulare posterior inferior von der Tibia (Volkmann-Dreieck) werden mit dem Ligament durch eine Kleinfragmentschraube refixiert. Eine zusätzliche Stabilisierung mit einer Stellschraube ist im Allgemeinen nicht notwendig. Die Rehabilitation entspricht bei nicht-dislozierten oder refixierten Avulsionsfrakturen dann der oben beschriebenen konservativ therapierten Grad-III-Verletzung.

Dauertherapie

Siehe Außenbandruptur, Sprunggelenk.

Bewertung

Bei Syndesmosenverletzungen lohnt sich ein vorsichtiges Vorgehen. Bereits kleine Fehlstellungen können schwerwiegenden Folgen für die meist jungen Patienten haben.

Nachsorge

Passives und aktives Funktionstraining mit Sohlenkontakt ohne Belastung bis zur Entfernung der Stellschraube(n) sechs bis zwölf Wochen postoperativ; Entfernung der Schraube in Lokalanästhesie. Anschließend Übergang zur Vollbelastung; bei erreichter schmerzfreier Vollbelastbarkeit Beginn mit Physiotherapie zur Verbesserung von Koordination, Propriozeption und Muskelkraft.

Autor

Geert I. Pagenstert

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