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Strahlenexposition des Patienten

Englischer Begriff

Patient radiation exposure

Definition

Form der medizinischen Strahlenexposition zu diagnostischen bzw. therapeutischen Zwecken.

Beschreibung

Die Strahlenexposition des Patienten wird durch die EU-Richtlinie 97/43EURATOM des Rates vom 30. Juni 1997 (Amtsblatt Nr. L 180 vom 09/07/1997 Seite 0022–0027) geregelt, die in allen EU-Mitgliedsstaaten durch entsprechende Strahlenschutzgesetze und damit zusammenhängende Verordnungen in nationales Recht umgesetzt ist. Wichtige, darin enthaltene Elemente sind:

Rechtfertigung: Zuweisende Person und anwendende Fachkraft (d. h. die die Untersuchung durchführende Person) haben grundsätzlich getrennt zu agieren, um wirtschaftliche Interessenskonflikte zu vermeiden. Kann eine Exposition nicht gerechtfertigt werden, so ist sie zu untersagen.

Optimierung: Implementierung von Qualitätssicherungs- und Qualitätskontrollsystemen. Besondere Beachtung wird auf die Vermeidung unnötiger Expositionen gelegt. Da eine Limitierung der Dosis durch eine Obergrenze bei Patientenexpositionen nicht gegeben ist, sind Dosisreferenzwerte für alle gängigen diagnostischen Verfahren festzulegen. Weiterhin sind regelmäßige Überprüfungen der Geräte durch die zuständigen Behörden durchzuführen und Vorkehrungen zur Ermittlung der individuellen Patientendosis vom Betreiber der Anlage zu treffen.

Besondere Aspekte betreffen die Exposition von Schwangeren und Stillenden sowie von Kindern wegen der in diesen Lebensphasen höheren Proliferationsrate des Gewebes mit damit einhergehendem höheren Risiko einer Tumorentstehung; vor allem bei Kindern ist die Durchführung von Low-dose-Untersuchungen obligat. Besonders bedeutsam ist die Exposition mit Verfahren mit höheren und hohen Dosen, d. h. interventionelle Radiologie, Computertomographie, nuklearmedizinische Verfahren und Strahlentherapie. Hier ist die Indikation besonders streng zu stellen und entsprechende Qualitätssicherungsprogramme sind besonders zu beachten.

Die Information (Aufklärung) der Patienten vor einer geplanten Untersuchung oder Therapie soll sich, da für Laien am besten verständlich, am Vergleich mit der natürlichen Strahlenexposition orientieren (obwohl es hier große geographische Unterschiede in Abhängigkeit von der Bodenbeschaffenheit und der Höhe gibt): Typische effektive Dosen bei gebräuchlichen radiologischen Diagnoseverfahren variieren in ihrer Höhe um etwa den Faktor 1000 und können vom Äquivalent von ein bis zwei Tagen natürlicher Strahlenexposition (0,02 mSv bei einer Röntgenaufnahme des Thorax) bis hin zum Äquivalent von 4,5 Jahren natürlicher Strahlenexposition (z. B. bei einer Computertomographie des Abdomens) reichen. Weiterhin wird zum besseren Verständnis der Strahlendosen ein Vergleich mit Thoraxübersichtsaufnahmen und eine Klassifikation in fünf Bereiche (siehe Tabelle 1) vorgenommen.


Tabelle 1.
Typische Effektive-Dosis-Werte für bildgebende Verfahren, basierend auf britischen Daten (modifiziert nach Royal College of Radiologists Working party 2003), die grundsätzlich von der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission approbiert sind.

Verfahren und Untersuchungsregion

Typische effektive Dosis (in mSv)

Äquivalente Expositionszeit natürlicher Strahlung (Richtwert)

Äquivalente Zahl an posteroanterioren Thoraxübersichtsaufnahmen

Klasse 0 (0 mSv):

US, MRT

0

0

0

Klasse 1 (1 mSv): niedrige Dosis

Röntgenaufnahmen peripherer Gelenke bzw. Extremitäten (exklusive Hüfte)

< 0,01

< 1,5 Tage

< 0,5

Thoraxübersichtsaufnahme (posteroanterior ohne Seitaufnahmen)

0,02

3 Tage

1

Schädelübersichtsaufnahmen

0,06

9 Tage

3

Hüftröntgenaufnahmen

0,4

2 Monate

20

BWS-Röntgenaufnahmen

0,7

4 Monate

35

Beckenübersichtsaufnahme

0,7

4 Monate

35

Abdomenübersichtsaufnahme

0,7

4 Monate

35

Klasse 2 (1–5 mSv): mittlere Dosis

LWS-Röntgenaufnahmen

1,0

5 Monate

50

Urographie (IVU)

2,4

14 Monate

120

Ösophagusröntgen (Bariumschluck)

1,5

8 Monate

75

CT des Kopfes (CCT) bzw. Gesichts

2,0

10 Monate

100

Schilddrüsenszintigraphie

1

6 Monate

50

Lungenszintigraphie (Perfusion, Tc-99m)

1

6 Monate

50

Nierenszintigraphie (Tc-99m)

1

6 Monate

50

Klasse 3 (5–10 mSv): höhere Dosis

Knochenszintigraphie (Tc-99m)

4

1,8 Jahre

200

PET (F-18FDG) des Kopfes

5

2,3 Jahre

250

Dynamische Myokardszintigraphie (Tc-99m)

6

2,7 Jahre

300

Kolonkontrasteinlauf (Irrigoskopie)

7,2

3,2 Jahre

360

CT des Thorax

8

3,6 Jahre

400

CT des Abdomens oder Beckens

10

4,5 Jahre

500

Klasse 4 (10 mSv): hohe Dosis

Ausgedehnte CT-Untersuchungen (Ganzkörper), einzelne PET-Untersuchungen, PET-CT, aufwendige interventionelle Verfahren


Autor

Bernd Tombach, Jan Bischoff

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