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Klumphand

Synonyme

Radiale Klumphand; Radiale Dysplasie

Englischer Begriff

Radial ray defect; Radial clubhand; Radial hemimelia

Definition

Angeborene ein- oder beidseitige Deformität der oberen Extremität mit Hypoplasie oder Aplasie des Radius, begleitenden Anomalien der radialen Unterarmmuskulatur und konsekutiver palmarer und radialer Luxation der Hand in Relation zum Ulnakopf.

Pathogenese

Die Klumphanddeformität kann exogen in der Phase der Embryogenese induziert werden (z. B. Virusinfektion, Thalidomidmedikation) oder sporadisch entstehen. Genetisch bedingte Ursachen sind wesentlich seltener anzutreffen und dann meist mit einem komplexen Fehlbildungssyndrom (z. B. Holt-Oram-Syndrom oder Fanconi-Anämie) kombiniert.

Symptome

Auffällig ist eine unterschiedlich ausgeprägte Hypoplasie der gesamten oberen Extremität. Typisches Merkmal ist der verkürzte Unterarm mit der zum Teil rechtwinkligen radialen Abweichung der Hand (Abb. 1). Die Handfunktion ist erheblich eingeschränkt. Das Greifen wird meist durch ein Einklemmen von Gegenständen zwischen der Hand und dem Unterarm durchgeführt. Kombiniert kommt oft eine Hypoplasie des Daumens und/oder der Langfinger, Anomalien der Handwurzel oder eine radioulnare Synostose vor.


Abb. 1.
Radiale Klumphand mit Hypoplasie des Daumens

Diagnostik

Der Unterarm ist im Seitenvergleich verkürzt. Dieser Eindruck wird durch die radiale Abwinkelung der Hand noch verstärkt. Das Ellenbogengelenk kann frei beweglich sein oder eine Gelenkkontraktur, meist eine Beugehemmung, aufweisen, was die Funktion des Arms weiter beeinträchtigt. An der Hand liegt meist eine Hypoplasie des Daumens unterschiedlichen Schweregrads vor. Auch die Langfinger können vor allem radial hypoplastisch sein und unterschiedliche Gelenkkontrakturen aufweisen.

Röntgenologisch zeigt sich eine verkürzte und unterschiedlich deformierte Ulna. Der Radius kann hypoplastisch oder aplastisch sein. Einzelne radiale Handwurzelknochen können fehlen, hypoplastisch sein oder Synostosen (siehe Synostose, radioulnäre) aufweisen.

Therapie

Die Therapie sollte unmittelbar nach der Geburt eingeleitet werden und besteht in redressierenden Schienen und physiotherapeutischer Übungsbehandlung. Sie hat das Ziel, die radialseitige Weichteilkontraktur zu verbessern. Operative Eingriffe dienen der Stabilisierung und Zentralisierung der Hand über dem Ulnakopf und sind nur dann zu erwägen, wenn das Ellenbogengelenk frei beweglich ist. Aufgrund der zunehmenden radialseitigen Weichteilkorrektur ist der operative Eingriff bereits im ersten Lebensjahr empfehlenswert.

Akuttherapie

Unmittelbar nach der Geburt sollte eine physiotherapeutische Übungsbehandlung beginnen, die vor allem die Dehnung der radialseitigen Weichteile bewirken soll.

Konservative/symptomatische Therapie

Parallel zur Physiotherapie können Redessionsschienen oder Orthesen angelegt werden, deren Anpassung beim Neugeborenen allerdings schwierig ist.

Operative Therapie

Die operative Therapie besteht in der Verlängerung der radialseitigen handgelenksnahen Weichteile, einem kompletten Release der Gelenkkapsel, einer anteiligen Resektion aus der zentralen Handwurzel und einer Einstellung der Hand über den Ulnakopf. Über einen Kirschner-Draht als intramedulläre Schienung wird eine temporäre Stabilisation herbeigeführt. Die Rebilanzierung der Weichteile schließt eine Verkürzung der Sehne des M. extensor carpi ulnaris und gegebenenfalls eine Verlagerung der Sehne des M. extensor carpi radialis nach ulnar ein.

Eine im Wachstum zunehmende nach ulnar konvexe Achsenabweichung der Ulna kann durch eine knorpelige Radiusanlage hervorgerufen werden, die keine Wachstumspotenz aufweist und deshalb reseziert werden sollte. Oft ist auch eine Korrekturosteotomie der Ulna erforderlich.

Bei älteren Kindern mit unbehandelter Klumphanddeformität kann durch eine ulnokarpale Arthrodese eine ästhetische und funktionelle Verbesserung erreicht werden.

Dauertherapie

Eine physiotherapeutische Behandlung und die Versorgung mit Orthesen oder Schienen sind oft bis zum Abschluss des Wachstums erforderlich.

Bewertung

Die operative Korrektur führt zwar zu einer kosmetischen Verbesserung der Handstellung, bewirkt jedoch eine unterschiedlich stark eingeschränkte Beweglichkeit im Handgelenk. Diese Tatsache und die gelegentlich mangelnde Zentralisierung der Hand über der Ulna führen zu einer kritischen Einschätzung der Operationsindikation.

Nachsorge

Nach der Operation muss für vier bis sechs Wochen eine Immobilisation des gesamten Arms durchgeführt werden. Die konsequente fachärztliche Kontrolle ist wegen der oft erforderlichen Zweiteingriffe bis zum Abschluss des Wachstums erforderlich.

Autor

Renée Fuhrmann

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