Engelhardt (Hrsg.) Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie |
Avaskuläre Nekrose des Capitulum humeri; Aseptische Knochennekrose; Aseptische Osteochondrose; Osteochondrosis dissecans
Avascular necrosis of the capitulum of the humerus; Panner’s disease
Aseptische Knochennekrose des Capitulum humeri, meist bei Knaben im Alter zwischen vier und zehn Jahren auftretend. Erstbeschreibung von Hans J. Panner (Radiologe, Kopenhagen, 1871–1930).
Siehe auch Ellenbogengelenk, Nekrose, avaskuläre.
Häufigste avaskuläre Nekrose im Bereich des Ellenbogens, verläuft in den typischen Stadien einer aseptischen Knochennekrose. Ausgangspunkt ist ein gestörtes Gleichgewicht zwischen Belastung und Belastbarkeit der Wachstumsregion. Die genauen Ursachen des Auftretens sind in der Regel nicht eruierbar; es liegt jedoch in jedem Fall eine lokale Zirkulationsstörung vor.
Als pathogenetischer Ausgangspunkt wird am Ellenbogen (wie auch bei den anderen Lokalisationen aseptischer Knochennekrosen) das Zusammentreffen einer primär kritischen Durchblutungssituation und einer besonderen Disposition gegenüber Traumen angenommen.
Bei geringer Ausprägung kommt es zu einer (radiologisch sichtbaren) Ossifikationsstörung, bei starker Ausprägung zu einer Knochennekrose, eventuell mit Beteiligung des Knorpelgewebes im Wachstumsfugen- oder Gelenkknorpelbereich. Pathomorphologisches Substrat sind eine Nekrose epiphysärer Knochenbälkchen, Abbauvorgänge von Trabekeln und ein Ersatz durch „creeping substitution“. Die Reorganisation abgestorbenen Knochengewebes erfolgt in Abhängigkeit von der regionalen Durchblutung und mechanischer Belastung in gesetzmäßiger Reihenfolge. Zunächst werden die abgestorbenen Knochenbälkchen von Gefäßbindegewebe abgebaut (fleckige Entkalkung, Fragmentation). Dabei kann es zu Mikrofrakturen im Nekrosebereich kommen (Kondensation). In den osteolytischen Regionen entstehen neue Verkalkungszonen oder nekrotische Trabekel werden von neuen Knochenbälkchen überbaut (Reparation). Während der Umbauvorgänge ist die Belastbarkeit der Epiphyse herabgesetzt; eine Deformierung der Gelenkfläche ist möglich. Zur Dissekatlösung kommt es jedoch nur selten.
Klinisch zeigen sich meist uncharakteristische Beschwerden im Ellenbogen mit örtlichem Druckschmerz und gegebenenfalls leichten Bewegungseinschränkungen, insbesondere eine endgradige Streckbehinderung. Die Beschwerden werden häufig mit einem Trauma in Verbindung gebracht. Eventuell besteht auch eine sicht- und tastbare Schwellung. Deutlichere Bewegungseinschränkungen sowie Einklemmungserscheinungen bestehen nur in den seltensten Fällen.
Nativröntgen zur Stadieneinteilung: Sklerosierungsstadium (Verdichtung des Knochenkerns), Fragmentationsstadium (scholliger Zerfall des Knochenkerns) und Reparationsstadium (Wiederaufbau von Struktur und Knochenform). Im Kernspintomogramm metaphysäre Mitbeteiligung und Verlauf beurteilbar.
Akute und chronische Arthritis (Laboruntersuchung), Osteochondrosis dissecans beim älteren Jugendlichen, Zeitpunkt des Wachstumsfugenschlusses (radiologisch: umschriebene Demarkierung eines Knochenfragments an der Gelenkoberfläche, z. B. Mausbett, Gelenkmaus), avaskuläre Nekrose der Trochlea humeri (Morbus Hegemann).
Die Therapie erfolgt symptomatisch mit temporärer Ruhigstellung und Sportkarenz. Die Ausheilung erfolgt innerhalb von ein bis drei Jahren.
Vermeiden belastender Sportarten und Überlastungen jeder Art, eventuell kurzfristige Ruhigstellung des Ellenbogengelenks bis zum Abklingen der akuten Symptome in einer dorsalen Oberarmschiene in Rechtwinkelstellung.
Selten indiziert.
Der Morbus Panner hat eine günstige funktionelle Prognose.
Nach initialer Entlastungsphase Krankengymnastik zum Erhalt der Beweglichkeit.