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Hallux valgus

Synonyme

Ballen; Frostballen

Englischer Begriff

Hallux valgus; Bunion

Definition

Nach lateral gerichtete Achsenabweichung der Großzehe im Grundgelenk (Abb. 1).

Siehe auch Ballenfuß.


Abb. 1.
Hallus valgus kombiniert mit Zehendeformitäten (u.a. Digitus II superductus)

Pathogenese

Ätiologisch werden für den Hallux valgus eine genetische Disposition, inadäquates Schuhwerk (hohe Absätze, schmaler Vorfußbereich) sowie eine generelle Hypermobilität angeschuldigt. Letztere kann die Entwicklung eines Spreizfußes mit medialer Abweichung des ersten Mittelfußknochens einleiten, in dessen Folge sich wiederum eine Hallux-valgus-Fehlstellung entwickeln kann.

Pathogenetisch ist das muskuläre Ungleichgewicht für die Entstehung der Deformität anzuschuldigen. Durch die zunehmende mediale Abweichung des ersten Mittelfußstrahls und dessen pronatorische Verdrehung verlagert sich der M. abductor hallucis zur Fußsohle, so dass er keine abduzierende Kraft mehr auf die Großzehe entwickeln kann und funktionell zu einem Beuger wird. Durch das mediale Auswandern des Mittelfußkopfs und die gleichzeitige Hallux-valgus-Stellung verlaufen die Sehnen zur Großzehe lateral der Längsachse des Großzehenstrahls, so dass die Deformität weiter verstärkt wird.

Symptome

Schmerzen über der so genannten Pseudoexostose, d. h. dem medial prominenten ersten Mittelfußkopf, sind führend. Hier kann sich vor allem durch Schuhdruck eine schmerzhafte Bursitis entwickeln. Oftmals sind auch die sekundären Kleinzehendeformitäten (z. B. Klauenzehe oder Krallenzehe) oder die Region der Mittelfußköpfe (Metatarsalgie) beschwerdeführend.

Diagnostik

Trotz der peripheren Lage des Großzehengrundgelenks muss eine standardisierte Untersuchung der gesamten unteren Extremität erfolgen und insbesondere die Stellung des Rückfußes berücksichtigen. Die klinische Untersuchung der Hallux-valgus-Fehlstellung beinhaltet die Messung der Seitabweichung der Großzehe in Grad (Hallux-valgus-Winkel), die Beweglichkeit des Großzehengrundgelenks, die manuelle Redressierbarkeit der Fehlstellung, die Stabilitätsuntersuchung des ersten Tarsometatarsalgelenks, die Beurteilung der Beschwielung unter den Mittelfußköpfen und die Untersuchung der Kleinzehendeformitäten.

Die Röntgenaufnahmen des Vorfußes in zwei Ebenen sollten am belasteten Fuß durchgeführt werden. Anhand der Aufsichtsaufnahme können die Achsenabweichung der Großzehe gegenüber der Längsachse des ersten Mittelfußknochens (Hallux-valgus-Winkel), der Winkel zwischen dem ersten und zweiten Mittelfußknochen (erster intermetatarsaler Winkel) und der Zustand des Großzehengrundgelenks beurteilt werden (Abb. 2).


Abb. 2.
Röntgenaufnahme des Vorfußes a.p. am belasteten Fuß

Differenzialdiagnose

Hallux valgus interphalangeus (laterale Achsenabweichung des Großzehenendglieds gegenüber dem Großzehengrundglied).

Therapie

Je nach Beschwerdesymptomatik, Befundausprägung und körperlicher Aktivität sind konservative oder operative Behandlungsmaßnahmen möglich.

Akuttherapie

Konsequente Vermeidung von Druckbelastung über dem Ballen (offenes Schuhwerk), lokale Anwendungen von Eis und/oder Antiphlogistika bei Vorliegen einer Bursitis über der Pseudoexostose, Anwendung von Zehenspreizern zur Vermeidung von Druckstellen zwischen der Großzehe und den Kleinzehen.

Konservative/symptomatische Therapie

Anpassung des Schuhwerks (Aufweiten des Schuhoberleders, Verordnung von maßangefertigten Schuhen), Weichpolsterung des Ballens, Weichpolsterung der Mittelfußköpfe (retrokapitale Pelotte), Nachtlagerungsschiene, Zehenspreizer.

Medikamentöse Therapie

Antiphlogistika

Operative Therapie

In seltenen Fällen, in denen der begleitende Spreizfuß nicht behandlungsbedürftig ist, kann ein reiner Weichteileingriff zur Korrektur der Großzehenfehlstellung indiziert sein. Dabei werden die Sehnenansätze des M. adductor hallucis vom lateralen Sesambein und der lateralen Grundphalanx auf den Mittelfußkopf verlagert, die laterale Gelenkkapsel gespalten, die Sehne des M. abductor hallucis in die Ebene des ersten Strahls verlagert, die Pseudoexostose abgetragen und die mediale Kapsel gerafft. In aller Regel muss jedoch eine Verkleinerung des ersten intermetatarsalen Winkels durch Osteotomie des ersten Mittelfußknochens erfolgen, um eine weitgehend parallele Orientierung der ersten beiden Mittelfußstrahlen und eine Rezentrierung der Beuge- und Strecksehnen zu erreichen. Die knöcherne Korrektur kann je nach Ausmaß der Fehlstellung hinter dem Mittelfußkopf (retrokapitale Osteotomie), in Schaftmitte (diaphysäre Osteotomie) oder am körpernahen Mittelfußknochen (proximale Osteotomie) durchgeführt werden. Bei einer übermäßigen Beweglichkeit im ersten Tarsometatarsalgelenk kann auch eine Korrekturarthrodese dieses Gelenks durchgeführt werden. Kombiniert werden all diese knöchernen Verfahren mit geeigneten Weichteilmaßnahmen, die eine Rezentrierung der Großzehe über dem ersten Mittelfußstrahl ermöglichen.

Die Resektionsarthroplastik, d. h. die ersatzlose Entfernung des proximalen Grundgliedanteils, ist nur als Rückzugsoperation oder als Minimaleingriff beim alten Patienten indiziert, da die resultierende Instabilität der Großzehe und die mangelnde Kraftentfaltung zu schwerwiegenden Störungen der Funktion des Vorfußes führen.

Dauertherapie

Ein Hallux valgus bleibt nach seinem Auftreten dauerhaft bestehen und kann sich unbehandelt weiter vergrößern. Die konservative Behandlung zielt auf eine Behebung der druckbedingten Beschwerden und ist bei entsprechenden Risiken oder fehlendem Operationswunsch als Dauertherapie anzusehen. Nach der operativen Korrektur mit Reduktion des Spreizfußwinkels ist von einer dauerhaften Beseitigung des Hallux valgus auszugehen, so dass in der Regel Konfektionsschuhwerk oder zugerichtetes Schuhwerk getragen werden kann. Eine Dauertherapie ist nach erfolgter operativer Therapie in der Regel nicht erforderlich. Gegebenenfalls kann eine Einlagenversorgung zur Weichbettung der Mittelfußköpfe erforderlich sein.

Bewertung

Die konservative Therapie ist zur Beseitigung der druckbedingten Beschwerden über dem Ballen geeignet, hat jedoch keinen kausalen Therapieansatz. Ein alleiniges Abtragen des medialen Ballens ist zur dauerhaften Beseitigung der symptomatischen Pseudoexostose ebenfalls nicht erfolgversprechend. Allein eine Verkleinerung des ersten intermetatarsalen Winkels bei begleitendem Spreizfuß ist die Voraussetzung zur anhaltenden Beseitigung der Hallux-valgus-Fehlstellung.

Nachsorge

Eine Spreizfußkorrektur durch Osteotomie des ersten Mittelfußknochens erfordert eine teilweise Entlastung des Vorfußes bis zum Eintreten der knöchernen Heilung (vier bis zwölf Wochen). Dies kann durch Teilbelastung des Fußes an Unterarmgehstützen oder durch Verwendung einer Vorfußentlastungsorthese erfolgen. Bis zum Abschluss der knöchernen Heilung sollte eine regelmäßige fachärztliche Kontrolle erfolgen.

Autor

Renée Fuhrmann

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