Falschgelenk; Nearthrose; Nonunion; Nichtheilung
Nonunion
Ausbleiben der Zeichen einer knöchernen Heilung (persistierende Bruchlinien, Sklerosierung der Frakturränder, Spaltbildungen, hypertropher oder fehlender Kallus) einer Fraktur, Osteotomie oder Arthrodese nach sechs bis acht Monaten. Im Endstadium formiert sich im Bereich der Frakturlinie eine synovialartige Kapsel in einen Pseudogelenkraum.
Unterschieden werden:
Pseudarthrosen sind oft multifaktoriell bedingt. Dabei sind lokale Durchblutungsstörungen oder mangelnde Stabilität der Osteosynthese die wichtigsten Ursachen der Pseudarthrosenentstehung. Weiterhin können sich Pseudarthrosen bei einer zu großen Distanz der Fragmente, durch Interponate wie z. B. Muskulatur oder andere Weichteile, aber auch nekrotische Knochenpartien oder Sequester ausbilden (Sequesterbildung). Außerdem tragen fehlende Compliance (z. B. unerlaubte Belastung, starkes Rauchen) und Neuropathien (z. B. im Rahmen von Diabetes mellitus, chronischem Alkoholismus) zum ungünstigen Verlauf bei.
Lokale Schwellung, Rötung und Überwärmung; persistierende Schmerzen, insbesondere bei Bewegung und Belastung; gegebenenfalls Instabilität und Kraftlosigkeit, schnelle Ermüdbarkeit. Teilweise leichte Achsenabweichung erkennbar.
Radiologisch zeigt sich ein durchgehender Frakturspalt, der nur im Computertomogramm sicher zu beurteilen ist.
Die Pseudarthrose wird radiologisch in drei Stadien eingeteilt:
Bei der hypertrophen Pseudarthrose zeigt sich entweder eine „Elefantenfuß“-Pseudarthrose, bei der es zu ausgedehnten Knochenneubildungen mit gewisser Stabilität oder einer „Pferdefuß“-Pseudarthrose mit geringerer Knochenneubildung und weniger Stabilität kommt.
Ergänzend kommen auch Magnetresonanztomographie und Szintigraphie zum Einsatz:
Magnetresonanztomographie: Signalerhöhung im Pseudarthrosespalt in der T2w-Sequenz, unterschiedlich stark ausgeprägtes Knochenmarködem im angrenzenden Knochen, bei Knochensklerose progrediente Signalminderung in allen Sequenzen. Aussagen über Vitalität des Knochens oder begleitende Infektion möglich.
Szintigraphie: Atrophe, nicht-reaktive Pseudarthrosen zeigen minimale oder keine Isotopenaufnahme, wohingegen die reaktive (hypertrophe) Pseudarthrose durch eine vermehrte Tracer-Aufnahme dargestellt wird.
Verzögerte Knochenbruchheilung, infizierte Pseudarthrose (siehe Frühinfekt, Spätinfekt).
Konservativer Therapieversuch mit vollständiger Entlastung und/oder Ruhigstellung im Gips für sechs Wochen. (Nach drei bis sechs Wochen sollten radiologisch Zeichen der Frakturheilung erkennbar sein, sonst ist eine chirurgische Therapie erforderlich.)
Zusätzlich extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT), Magnetfeldtherapie oder Ultraschallbehandlung.
Liegt, insbesondere bei avaskulären Pseudarthrosen, eine Inaktivitätsosteoporose vor, ist die Indikation für eine medikamentöse Osteoporosetherapie (siehe Osteoporose Typ II) zu prüfen.
Reaktive (hypertrophe) Pseudarthrose: Verbesserung der mechanischen Stabilität z. B. durch Kompressionsosteotomie (Marknagelung durch aufgebohrten Nagel, Druckplattenosteosynthese). Dabei darf die hypertrophe Pseudarthrose nicht reseziert werden, da dadurch heilungsfähiges Knochengewebe entfernt wird.
Avaskuläre/avitale Pseudarthrose: Bei der Therapieplanung muss das Ausmaß der Nekrosezone bekannt sein. Ziel ist es, gut durchblutete Kontaktzonen sowie eine ausreichende Stabilität herzustellen. Hierfür sind Verkürzungsoperationen, Verlängerungen durch Kallusdistraktion (siehe Segmenttransport), Interposition von Knochentransplantaten (Spongiosa oder Span), jeweils nach Entfernung des nekrotischen Knochens, mögliche Techniken.
Atrophe Pseudarthrose: intensive Dekortikation und autologe Spongiosaplastik (Spongiosaplastik, autologe), ergänzt durch die Stabilisierung, z. B. mit Platte.
Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist die Analyse der Ursache für das Auftreten der Pseudarthrose, die sorgfältige Indikationsstellung und die Entwicklung eines individuellen Therapiekonzepts. In den meisten publizierten Fallserien liegt die Heilungsrate bei 95 %, weshalb dem rekonstruktiven Ansatz in der Regel der Vorzug zu geben ist. Verfahren wie Arthrodesen, Arthroplastiken oder Amputationen sollten nur sekundär oder als Ultima Ratio zum Einsatz kommen.
Regelmäßige klinische und radiologische Kontrollen bis zur vollständigen knöchernen Konsolidierung.
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