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Hypotonie

Synonyme

Arterielle Hypotonie; Muskuläre Hypotonie

Definition

Mit dem Begriff Hypotonie bezeichnet man

  1. den niedrigen Blutdruck (systolischer Blutdruck unter 100 mm Hg),
  2. auch einen geminderten oder fehlenden Tonus in Muskeln.

Vorkommen

  1. Die arterielle Hypotonie kann primär bzw. konstitutionell sein und betrifft dann vorwiegend jüngere Frauen. Mit dem Begriff „orthostatische Hypotonie“ wird das Absinken des systolischen Blutdrucks unter 100 mm Hg bei Stehbelastung beschrieben, während im Liegen Normalwerte gemessen werden. Schließlich gibt es eine Vielzahl von sekundären Hypotonieformen, bei denen ursächlich – orthopädisch-traumatologisch relevant – ein Volumenmangel (hämorrhagischer Schock bei Trauma oder großen Operationen), eine Nebennierenrindeninsuffizienz, eine Aortenstenose oder andere internistische Erkrankungen vorliegen können.
  2. Die generalisierte muskuläre Hypotonie kann bei infantilen spinalen Muskelatrophien, Muskeldystrophien und anderen Systemerkrankungen vorkommen. Die auf bestimmte Muskeln oder Muskelgruppen begrenzte Hypotonie kann Folge neurologischer Erkrankungen wie Nervenwurzelkompressionen (Bandscheibenvorfall) oder peripherer Nervenläsionen sein.

Diagnostik

  1. Die Diagnostik der arteriellen Hypotonie umfasst eine systematische Blutdruckmessung in Ruhe (Liegen, Sitzen) und bei Belastung (Stehen, Ergometrie). Kardiologische, endokrinologische und andere internistische Ursachen sekundärer Hypotonieformen müssen ausgeschlossen werden. Der Schellong-Test (kontinuierliche Messung von Blutdruck und Puls innerhalb von zehn Minuten im Liegen, dann für zehn Minuten im Stehen, gegebenenfalls mit dem Kipptisch durchzuführen) hat sich als einfache Untersuchungsmethode bewährt.
  2. Die Diagnostik bei muskulären Hypotonien richtet sich ganz nach dem klinischen Bild (siehe Muskelatrophie; Muskeldystrophie, progressive).

Differenzialdiagnose

  1. Die Differentialdiagnosen bei arterieller Hypotonie sind vielfältig und umfassen kardiologische, endokrinologische und andere internistische Ursachen.
  2. Bei muskulärer Hypotonie ist ebenfalls neben der orthopädischen Untersuchung eine ausführliche neurologische und gegebenenfalls pathologisch-anatomische Diagnostik nach Biopsie von Muskeln oder Nerven erforderlich, um die korrekte Diagnose, die prognostisch bedeutsam ist, stellen zu können.

Therapie

  1. Bei konstitutioneller arterieller Hypotonie können Allgemeinmaßnahmen wie erhöhte Flüssigkeitszufuhr, Sport, salzreiche Ernährung oder Hydrotherapie erfolgreich angewendet werden, medikamentöse Maßnahmen umfassen Sympathomimetika wie Effortil oder Dihydroergotamin. Liegt posttraumatisch oder postoperativ ein Volumenmangel vor, wird dieser durch Volumenersatzpräparate ausgeglichen. Sekundäre Hypotonieformen werden kausal behandelt.
  2. Bei muskulären Hypotonien ist eine kausale Therapie oft nicht möglich (siehe Muskelatrophie; Muskeldystrophie, progressive). Hier können jedoch mit gewissem Erfolg konservative (Physiotherapie, physikalische Therapie) und operative Therapien (langstreckige Spondylodese bei schwerer, progredienter Skoliose) eingesetzt werden.

Autor

Nils Hailer

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