Engelhardt (Hrsg.)
Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie

Fuß, Arthrose

Synonyme

Gelenkverschleiß; Degenerative Gelenkerkrankung; Osteoarthrose

Englischer Begriff

Osteoarthritis; Degenerative joint lesion

Definition

Verschleißbedingte Veränderungen der Fußgelenke, die zu belastungsabhängigen Beschwerden, Gelenkfehlstellungen, Gelenkinstabilitäten oder eingeschränkter Beweglichkeit führen können.

Pathogenese

Die Knorpelveränderungen auf mikrostruktureller und molekularer Ebene können unterschiedliche Ursachen haben. Neben der Gruppe der idiopathischen, also ätiologisch ungeklärten Arthrosen können Verletzungen (z. B. Frakturen mit posttraumatischer Achsenfehlstellung, Verletzungen des Gelenkknorpels oder der Kapsel-Band-Strukturen), Gelenkerkrankungen (z. B. Osteochondrosis dissecans), Stoffwechselerkrankungen (Gicht, Diabetes mellitus), ischämische Knochenerkrankungen (Osteonekrose), neurologische Erkrankungen oder Infektionen zur Ausbildung einer degenerativen Gelenkerkrankung führen.

Symptome

Im Frühstadium sind die Beschwerden meist intermittierend und werden nur durch stärkere Belastung (vermehrtes Laufen oder Sprungbelastung) ausgelöst. Nach einer Ruhephase, die sich im weiteren Verlauf der Erkrankung verkürzen kann, liegt wieder Beschwerdefreiheit vor. Klinisch können eine leichte Schwellung des betreffenden Gelenks bzw. eine lokale Druckschmerzhaftigkeit vorliegen. Schreitet die Arthrose fort, so können die Schmerzen bereits bei alltäglichen Belastungen auftreten und bilden sich oft trotz Schonung nicht mehr vollständig zurück. In diesem Stadium kann bereits eine deutliche Funktionseinschränkung des Gelenks vorliegen. Später ist der Arthroseschmerz auch in Ruhe ausgeprägt und führt durch die schmerzbedingte Schonhaltung zu sekundären Fehlbelastungen und Muskelatrophien.

Am häufigsten sind am Fuß das obere Sprunggelenk, das Großzehengrundgelenk (Hallux rigidus) sowie die Fußwurzel- und Rückfußgelenke von der Arthrose betroffen.

Diagnostik

Während die klinische Untersuchung im Frühstadium oft uncharakteristisch ist, tritt später eine Gelenkschwellung hinzu, die von einer leichten Überwärmung begleitet sein kann. Liegt bereits ein deutlicher Gelenkverschleiß vor, sind die schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit neben der Konturvergröberung des Gelenks die führenden Symptome. Eine Achsenfehlstellung des Gelenks kann sich ebenso wie eine Instabilität oder eine Einsteifung des Gelenks ausbilden.

Röntgenologisch zeigt sich eine unregelmäßige Gelenkfläche, die mit einer Verschmälerung des Gelenkzwischenraums einhergeht. Begleitend können eine subchondrale Sklerose, Geröllzysten oder Osteophyten vorhanden sein.

Differenzialdiagnose

Knochentumoren oder Weichteiltumoren, entzündliche Gelenkveränderungen.

Therapie

Im Frühstadium sind konservative Therapiemaßnahmen indiziert, die auch eine angepasste Schuhversorgung umfassen. Gelenkerhaltende Eingriffe zur mechanischen Entlastung eines degenerativ veränderten Gelenks (z. B. Umstellungsosteotomien) können zu einer langfristigen Beschwerdelinderung führen. Lokale knorpelchirurgische Maßnahmen (Knochen-Knorpel-Transplantation, autologe Chondrozytentransplantation, Mikrofrakturierung) sind vielversprechende neue Behandlungsmethoden. Im Spätstadium sind am Fuß Arthrodesen oder Gelenkersatzoperationen (oberes Sprunggelenk, Großzehengrundgelenk) möglich.

Akuttherapie

Reduktion der Belastung, Immobilisation, Verzicht auf sportliche Aktivität, Kälteapplikation, Schmerztherapie, lokale Injektionen.

Konservative/symptomatische Therapie

Neben lokalen antiphlogistischen und schmerzlindernden Maßnahmen (Kälteapplikation, Injektionen, Phonophorese, diadynamische Strombehandlung) im akuten Stadium können nach Abklingen der akuten Phase physiotherapeutische Behandlungen (z. B. Traktionsmobilisationen) mit dem Ziel der Funktionsverbesserung durchgeführt werden. Durch Modifikation des Schuhwerks (z. B. Abrollhilfen, Sohlenversteifung) kann das betreffende Gelenk entlastet werden.

Medikamentöse Therapie

Die systemische Gabe von nicht-steroidalen Antiphlogistika kann im Frühstadium sowie bei Ausbildung einer begleitenden Synovitis indiziert sein. Lokale Kortikoidinjektionen zielen ebenfalls auf eine Reduktion der entzündlich veränderten Gelenkschleimhaut.

Operative Therapie

Prinzipiell unterscheidet man gelenkerhaltende und gelenkresezierende Maßnahmen. Zu den gelenkerhaltenden Maßnahmen gehören die Umstellungsosteotomien, die einen degenerativ geschädigten Gelenkanteil entlasten sollen, der Ersatz lokal begrenzter Knorpelschäden durch Knorpel-Knochen-Transplantation oder autologe Chondrozytentransplantation und die Anfrischung tiefgreifender Knorpelschäden (Mikrofrakturierung) mit dem Ziel einer Faserknorpelbildung. Zu den gelenkresezierenden Maßnahmen gehören die Gelenkversteifung (Arthrodese), der künstliche Gelenkersatz (Endoprothese) und die selten an den Zehen indizierten Resektionsarthroplastiken.

Dauertherapie

Viele Arthrosen im Fußbereich können in Abhängigkeit von der Beschwerdesymptomatik und dem körperlichen Anspruch konservativ unter Anpassung geeigneten Schuhwerks symptomatisch behandelt werden. Auch nach einer gelenkresezierenden Operation, speziell einer Gelenkversteifung, muss die fehlende Gelenkbeweglichkeit meist dauerhaft durch eine entsprechende Schuhzurichtung ausgeglichen werden.

Bewertung

Gelenkerhaltende Operationen sind nur im Frühstadium bzw. bei Ausbildung eines lokal umschriebenen Knorpelschadens geeignet, den schicksalhaft fortschreitenden Prozess der Arthrose zu verlangsamen. Eine Restitutio ad integrum ist hingegen nur in Ausnahmefällen (z. B. Refixation einer traumatischen Knorpelabsprengung) zu erwarten. Mit den Arthrodesen im Fußbereich kann eine deutliche Schmerzlinderung auf Kosten der Beweglichkeit erzielt werden. Nicht zu unterschätzen sind die Arthrosen der angrenzenden Gelenkreihen, die als so genannte Anschlussarthrosen behandlungsbedürftig werden können. Endoprothesen sind bislang nur für das Großzehengrundgelenk und das obere Sprunggelenk zu empfehlen.

Nachsorge

Der Gelenkzustand nach Durchführung einer gelenkerhaltenden Operation sollte in jährlichen Abständen fachärztlich beurteilt werden. Gleiches gilt nach der Implantation einer Endoprothese. Knöchern verheilte Arthrodesen sind als Dauerzustand zu bewerten und bedürfen keiner weiteren regelmäßigen Kontrolle.

Autor

Renée Fuhrmann