Tibia; Defektpseudarthrose; Unterschenkelpseudarthrose
Pseudarthrosis of the tibia; Tibial nonunion
Ausbleiben der knöchernen Heilung einer Tibiafraktur nach sechs bis acht Monaten (siehe auch Pseudarthrose, aseptische).
Pseudarthrosen der Tibia entstehen vor allem nach Trümmerbrüchen, gelegentlich nach großflächiger Knochenfreilegung zur Osteosynthese und bei Osteitis. Es treten in der Regel hypertrophe oder infizierte Pseudarthrosen auf (siehe auch Pseudarthrose, Spätinfekt).
Lokale Schwellung, Rötung und Überwärmung; persistierende Schmerzen, insbesondere bei Bewegung und Belastung; gegebenenfalls Instabilität und Kraftlosigkeit, schnelle Ermüdbarkeit. Teilweise Achsenabweichung erkennbar.
Nativradiologische Aufnahmen mindestens in zwei Ebenen im Verlauf. Ergänzend kommen gegebenenfalls Computertomographie, Magnetresonanztomographie und Dreiphasenskelettszintigraphie zum Einsatz. Laborchemische Kontrolle der Entzündungsparameter (CRP, Blutbild, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit).
Verzögerte Knochenbruchheilung.
Bei hypertropher Pseudarthrose gegebenenfalls konservativer Therapieversuch mit vollständiger Entlastung und/oder Ruhigstellung im Gips für sechs Wochen. (Nach drei bis sechs Wochen sollten radiologisch Zeichen der Frakturheilung erkennbar sein, sonst ist eine chirurgische Therapie erforderlich.)
Zusätzlich extrakorporale Stoßwellentherapie (ESWT), Magnetfeldtherapie oder Ultraschallbehandlung.
Bei infizierter, atropher (Defekt-)Pseudarthrose ist das sofortige chirurgische Vorgehen in der Regel in Form einer Etappenrevision erforderlich.
Analgetika; bei Vorliegen einer infizierten Pseudarthrose antibiotische Therapie (siehe Spätinfekt).
Reaktive (hypertrophe) Pseudarthrose: Verbesserung der mechanischen Stabilität durch Kompressionsosteotomie. Bei nicht verschobener Pseudarthrose Marknagelung durch aufgebohrten Nagel. Ist die Pseudarthrose disloziert, erfolgt die Druckplattenosteosynthese an der konvexen Seite. Dabei darf die hypertrophe Pseudarthrose nicht reseziert werden, da dadurch heilungsfähiges Knochengewebe entfernt wird.
Infizierte, atrophische Pseudarthrose: Zunächst ist die radikale Ausräumung aller nekrotischen Gewebe, gegebenenfalls mit Sequestrektomie (Sequestrotomie), und die anschließende temporäre Ruhigstellung (z. B. über Fixateur externe) bis zum Ausheilen der Infektion erforderlich. Anschließend erfolgt die Rekonstruktion der Defektpseudarthrose z. B. durch Spongiosaplastik oder Segmenttransport nach Ilisarov. Die Deckung von Hautdefekten verlangt oft besondere plastische und eventuell mikrochirurgische Techniken (siehe auch Spätinfekt, Ostitis).
Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist die Entwicklung eines individuellen Therapiekonzepts. Insbesondere die infizierte Pseudarthrose stellt ein komplexes Krankheitsbild dar und sollte von einem in der Therapie von Knocheninfektionen erfahrenen Operateur behandelt werden.
Regelmäßige klinische, radiologische und laborchemische Kontrollen bis zur vollständigen knöchernen Konsolidierung.
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